Zuerst meine obligatorische Anfangsfrage: Was hat deine anhaltende Liebe für Computer- und Videospiele ausgelöst?
Martin Gaksch: Meine Leidenschaft für Videospiele hat mit den typischen Pong-Spielen für zuhause und den (natürlich viel cooleren) Spielautomaten im Italien-Urlaub begonnen. Danach erschienen die ersten Konsolen, etwa das Philips G7000 oder das Atari VCS 2600 – zum Leidwesen meiner Eltern konnte ich mich kaum davon trennen. Mit jeder weiteren Konsolengeneration wuchs meine Begeisterung und hält bis heute an.
Kannst du dich noch an deine prägendsten Spielerfahrungen (vor deiner Redakteurstätigkeit) erinnern?
Martin Gaksch: Da gab es viele schöne Erinnerungen… Eine der prägendsten Erfahrungen war der Shooter “Vanguard” als Spielautomat, weil es für die damalige Zeit so viele unterschiedliche Levels gab. Heutzutage völlig banal, aber wer von Space Invaders mit den immer gleichen Szenarien kommt, der ist bei Vanguard erstmal ausgeflippt. Und natürlich Donkey Kong und Q-Bert und Pac-Man und Centipede…
Nach ein paar Semestern Mathematik an der Uni hat es dich damals direkt zum noch sehr jungen Spielejournalismus verschlagen. Was hat dich zu diesem Sinneswandel bewogen und wie kam der Kontakt zum Markt+Technik Verlag zustande?
Martin Gaksch: Das Mathe-Studium war eher so eine Notfall-Lösung, weil ich nicht genau wusste, was ich mit dem Leben anfangen wollte. Insofern war ich offen für anderes. Videospiele waren nach wie vor mein Hobby, für mich privat hatte ich auch immer mal wieder “Tests” von Spielen geschrieben. Der Kontakt zu Markt & Technik kam über Arnd Wängler zustande, dessen Frau dort arbeitete. Die Spieleabteilung suchte dann Mitarbeiter und ich habe mich beworben – erst als freier Autor, dann zur Festanstellung.
Ich habe mir als junger Leser der Happy Computer und Power Play den Alltag eines Spieletesters immer paradiesisch vorgestellt: Den ganzen Tag die neuesten Spiele zocken (dabei natürlich Cola trinken und Chips essen) und abends locker ein paar Zeilen darüber schreiben. War deine Vorstellung ähnlich und wie hart war der Realitätsabgleich?
Martin Gaksch: Es war eine tolle Zeit. Man hatte zwar nicht viel Muse, in der Arbeit zu spielen (das machte man eher zuhause in der Freizeit), aber es war unglaublich spannend und abwechslungsreich. Es gab ein gutes Betriebsklima und das Zusammensein mit ähnlich freakigen Leuten war schön. Trotzdem waren wir gut organisiert und erledigten unsere Arbeit (meist) termingerecht. Überrascht vom Berufsalltag war ich nicht, denn mir wurde von Heinrich Lenhardt im Bewerbungsgespräch schon recht genau erzählt, was mich erwartet.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass du immer sehr früh über Spiele für neue exotische Konsolen, wie die PC Engine oder das Super Famicom (bei uns SNES) berichtet hast. Wie kamst du damals an diese Geräte und wie hast du überhaupt davon erfahren? Schließlich gab es ja noch kein Internet oder Online-Händler.
Martin Gaksch: Im Lauf der Zeit hatte man Kontakte zu einschlägigen Importeuren und spezialisierten Händlern aufgebaut, die einen über spannende Neuheiten informierten. Außerdem habe ich viele ausländische Fachzeitschriften gelesen (japanische, englische und amerikanische), um auf dem Laufenden zu bleiben. Es gab einen regen Offline-Austausch via Telefon, Fax & Co.
Zwischenzeitlich hat es dich auf die „ dunkle“ Seite der Spiele-Industrie verschlagen. Du warst kurzzeitig als Produktmanager beim Publisher und Entwickler Rainbow Arts (u.a. verantwortlich für Great Giana Sisters, Hard ´n Heavy und Katakis) tätig. Wie kam es dazu und was hat dich schlussendlich zu deiner Rückkehr zum Journalismus bewogen?
Martin Gaksch: Ich fand es spannend, nicht nur Videospiele zu kritisieren, sondern auch mal selber als Produzent die ganzen Ideen, wie man “das beste Spiel aller Zeiten” macht, auszuleben. Insofern kam das Angebot von Rainbow Arts genau richtig – und mein Kollege Boris Schneider ging gleichzeitig mit mir dorthin. Nach einem Jahr war der Zauber des Neuen allerdings verflogen; die Arbeit mit nur wenigen Projekten über einen langen Zeitraum ist etwas “eindimensional”, wenn man als Journalist sozusagen alle Spiele der Welt in Augenschein nehmen konnte. Insofern ging ich dann wieder zurück ins facettenreichere Verlagsleben.
Nach deiner langjährigen Tätigkeit bei der Happy Computer, Power Play und Video Games hast du 1993 zusammen mit Winnie Forster und Andreas Knauf ein eigenes Spielemagazin gegründet, die MAN!AC (heute M! Games). Wie kam es zu diesem Schritt und was waren die anfänglichen Herausforderungen im damals noch großen Markt der Spielezeitschriften.
Martin Gaksch: Während die Kollegen bei Markt & Technik großartig waren, wuchs der Ärger über die Geschäftsführung. Die nahm trotz wirtschaftlicher Erfolge die “Spielkinder” nicht ernst genug. So kam es, dass ich mit zwei Kollegen auf Idee kam, einen eigenen Verlag zu gründen. Daraus entstand Cybermedia und die MAN!AC. Natürlich war das etwas übermütig, aber Andreas, Winnie und ich haben uns das Handwerkszeug Stück für Stück erarbeitet. Wir waren fleißig, hatten hier und dort ein bisschen Glück und trafen letztendlich den Geschmack des Leser. Die größten Herausforderungen waren die Finanzierung und die technische Komponente des “Zeitschriftenmachens”.
Die M! Games ist das einzige Spielemagazin, das bis heute überlebt hat. Die damalige Konkurrenz, wie Power Play, Mega Fun oder Fun Generation mussten längst die Segel streichen. Woran meinst du liegt das? Was ist euer Erfolgsrezept?
Martin Gaksch: Darüber könnte man ein Buch schreiben, aber ich mach’s kurz: Fachkompetenz, minimale Overhead-Kosten, bedachtes Wirtschaften, zufrieden sein mit dem Erreichten.
Wie siehst du generell die Zukunft der Spieleberichterstattung? Wird es in ein paar Jahren überhaupt noch Fachzeitschriften in gedruckter Form geben oder ist diese Zeit endgültig vorbei?
Martin Gaksch: Wie die vorhrige Frage, ein komplexes Thema mit keinen simplen Antworten. Ich kann nicht in die Zukunft schauen, aber für alle Fachzeitschriften im Bereich Technik & Entertainment ist es sehr schwierig geworden. Wir sind zuversichtlich, wissen aber auch die Zeichen der Zeit zu deuten und erwarten keine Wunder. Grundsätzlich ist es eine anspruchsvolle Aufgabe, mit reiner journalistischer Arbeit ausreichend Geld zu verdienen – egal in welchem Bereich und durch welche Kanäle.
Zockst du in deiner Freizeit noch hin und wieder und falls ja, zieht es dich da eher zu alten Games oder bevorzugst du mittlerweile aktuelle Systeme?
Martin Gaksch: Ich würde gerne viel mehr spielen, aber mit Familie & Beruf ist die Zeit halt knapp. Und andere Hobbys hab ich auch noch. Insofern spiele ich vor allem Titel, die man episodenweise “mal kurz zwischendurch” zocken kann. Ob das “echte” Klassiker sind oder neue Entwicklungen, die auf gute alte Spielspaß-Tugenden setzen, ist mir eigentlich egal. Für lange, epische Titel wie “Zelda”, für die man sich am besten mehrere Stunden am Stück Zeit nimmt, reicht es aktuell nicht. Pokemon Go halte ich immerhin seit 2016 die Treue…