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Interview mit Stephan Freundorfer

Lass uns ganz am Anfang deiner Zocker-Karriere beginnen. Was war dein persönlicher Einstieg in die Welt der Videospiele und wann war das genau?

Stephan Freundorfer: Ich kann mich ganz entfernt an einen Pong-Automaten erinnern, der im Freibad meines niederbayerischen Heimatdorfes stand. Den dürfte ich so 1976, mit acht Jahren, das erste Mal gespielt haben. Etwa zur selben Zeit hatte ich mich auf der Fähre bei einer Urlaubsreise nach Schweden auch schon an elektromechanischen Automaten versucht und war unglaublich von ihnen fasziniert. In den 70ern ist ja eigentlich jeder über die Spielautomaten zu Heimcomputern und Videospielkonsolen gekommen, das war bei mir nicht anders. Ich weiß heute noch ziemlich genau, welche Automaten wo bei uns im Dorf, in der benachbarten Stadt und in München, wo mein bester Freund wohnte, standen. Irgendwann träumte man nur noch davon, Spiele wie Asteroids, Space Invaders oder Centipede zuhause spielen zu können. Und dann kam plötzlich das Atari VCS in die Läden, mit dem dieser Traum auch wirklich in Erfüllung ging. In den beginnenden 1980ern stand die Konsole schließlich unterm Weihnachtsbaum, als Geschenk für meinen älteren Bruder und mich. Er wandte sich aber schon bald den Heimcomputern in Form eines Ti-99/4A zu. Und ich kaufte mir von meinem Ersparten 1984 einen C64. Und seither ist wohl kein Tag mehr vergangen, an dem ich nicht in irgendeiner Form mit Spielen zu tun hatte.

Was hat dich damals dazu bewogen, dich als Spiele-Redakteur zu bewerben? Hast du denn auch einen “anständigen” Beruf erlernt?

Stephan Freundorfer: In gewisser Weise die drohende Arbeitslosigkeit. Ich hatte Gymnasial-Lehramt (Biologie, Chemie) studiert und mein Notenschnitt nach dem 2. Staatsexamen war nicht so gut, dass ich in absehbarer Zeit eine Stelle bekommen hätte. So musste ich mich nach etwas anderem umsehen, war dabei überraschenderweise erfolgreich und landete bereits nach einer Woche ohne Job bei der Power Play.

Wie kam der Kontakt zur Power Play und dem WEKA Verlag (später Future Verlag) konkret zustande?

Stephan Freundorfer: Die vorherige Antwort ist natürlich nur die halbe Wahrheit. Ich wollte eigentlich schon ein gutes Jahr vorher mein Referendariat schmeißen, weil es einfach nur furchtbar war, die schlimmste Zeit meines Lebens. Ich war seit der Schule Spieler geblieben, hatte natürlich all die Zeitschriften gekauft, ASM, Power Play, MAN!AC, PC Player und PC Extreme. 1996 suchte der Cybermedia-Verlag in der MAN!AC Redakteure für eine Neuauflage der PC Extreme, ich bewarb mich und wurde ein paar Tage später von Martin Gaksch angerufen und nach Mering eingeladen. Da war ich natürlich baff und furchtbar aufgeregt. Aber ich versuchte mein Glück, traf Martin, Winnie und Andreas Knauf, wir unterhielten uns nett und ich hätte wohl auch gute Chancen gehabt, bei der PC Extreme mitzumachen – wenn sie denn wirklich neu aufgelegt worden wäre. So blieb ich Referendar, hatte aber immer wieder Kontakt mit Martin, der wie ich Spiele sammelte. Ein halber Schritt in die Videospielpresse war also getan, ein weiterer folgte wenige Monate vor meinem Ende als Lehrer. Da hatte ich über eine Reihe anderer Zufälle die Chance, für die PC Direkt (ein Blatt aus der goldenen PC-Magazin-Ära, verlegt von Ziff-Davis) ein paar Spieletests zu schreiben. Ich wurde gefragt, ob ich’s mir zutraue, ich sagte ja und schrieb die Artikel. An zwei Spiele kann ich mich noch gut erinnern, Takeru (irgendein Manga-Adventure) und Overboard von Psygnosis. Als mein Lehrerdasein dem Ende zuging, erzählte mir mein Kontakt bei Ziff-Davis, dass bei Power Play wohl eine Stelle frei würde und ich dort doch mal anfragen sollte. Zu dem Zeitpunkt war ein ehemaliger PC Direkt-Mann, Ralf Müller, der Chefredakteur. Ich stellte mich mit meinen paar Artikeln bei ihm vor, man präsentierte mich dem Team (die wurden in die Entscheidung miteinbezogen) und ich wurde schlussendlich genommen.

Hast du denn heute noch Kontakt zu alten Power Play-Veteranen, wie Heinrich Lenhardt oder Winnie Forster?

Stephan Freundorfer: Am meisten Kontakt hatte ich in letzter Zeit zu Heinrich, nachdem er ja die neue Power Play verantwortete. Seit deren Ende hören wir uns hie und da beim Spieleveteranen-Podcast, oder ich treffe ihn auf Messen oder Publisher-Reisen. Winnie wohnt nicht allzu weit von mir entfernt (nachdem ich vergangenes Jahr nach langem Hamburg-Exil wieder in den Süden gezogen bin). Den treffe und lese ich alle paar Monate. Ansonsten habe ich noch sporadisch Kontakt zu Anatol, Boris und Michael Hengst. Mit all denen halt, die noch mehr oder weniger in dem Business arbeiten.

Wie ging deine persönliche Karriere nach dem Ende der Power Play weiter? Hattest du vielleicht sogar kurz daran gedacht, die Branche komplett zu wechseln?

Stephan Freundorfer: Ich bin wie gesagt vor dem Ende, bzw. dem kurzzeitigen Neubeginn der Power Play bei Future von Bord gegangen, war Chefredakteur der MAN!AC, bin dann freiberuflicher Journalist geworden und hab für jede Menge andere Medien und ein paar Hersteller gearbeitet. 2006 baute ich beim Hamburger Bauer Verlag die Games-Abteilung auf, gründete eine wenig erfolgreiche Zeitschrift namens eGames, arbeitete an ein paar weiteren Projekten, machte danach ein Jahr Elternzeit und bin nun wieder seit Anfang 2009 Freelancer. Der Spielebranche galt dabei stets mein Hauptinteresse, sie ist zweifellos ein wichtiger Teil meines beruflichen und auch privaten Lebens. Sie zu verlassen, würde mir schwer fallen, wirtschaftliche Zwänge sorgen aber natürlich immer mal wieder für entsprechende Überlegungen.

Nach dem erneuten Reboot der Power Play 2013 warst auch du wieder als Redakteur mit an Bord. Viele Retro-Gamer haben das Magazin mit großer Begeisterung verschlungen. Was war deiner Meinung nach der Grund dafür, dass die neue Power Play bereits nach vier Ausgaben wieder eingestellt wurde?

Stephan Freundorfer: Der Hauptgrund war meines Wissens, dass der Verlag das Sonderheft-Geschäft – und dazu zählte halt auch die sporadisch erscheinende Power Play – massiv zusammengekürzt hat. Es gab hausintern einfach kein Interesse mehr an diesem Objekt (und diversen anderen). Die Verkäufe waren nicht mal so übel, aber eben auch nicht berauschend, was sicher auch mit der Positionierung des Heftes im Handel und dem hohen Preis zu tun hatte. Und natürlich kann man sich immer fragen, ob die dort präsentierten Inhalte in ihrer Aufbereitung und Zusammensetzung in der heutigen Spielemedienwelt noch genug Relevanz besaßen.

Kürzlich haben wir dich als Händler auf der Retro-Börse in Rosenheim entdeckt. Planst du in Zukunft etwa deinen Lebensunterhalt damit zu verdienen, deine kostbare Spiele-Sammlung an begeisterte Gamer zu verticken? 😉

Stephan Freundorfer: Keine Angst, meine Sammlung bleibt erst einmal erhalten. Im kommenden Jahr feiere ich mein 20-jähriges Jubiläum als Sammler, und das würde ich gerne im Kreis vieler tausend Spiele tun. Auf Retrobörsen verkaufe ich nur die doppelten Sachen und investiere das Geld zumeist gleich wieder. Generell mag ich einfach die Atmosphäre auf den Börsen und treffe immer viele Leute dort, die mir ans Herz gewachsen sind. Wer wissen will, wo und was ich in den letzten paar Monaten so publiziert habe, erfährt das auf meiner oft nur leidlich aktuellen Job-Website www.freispieler.com.

Spielst du auch heute noch hin und wieder ein klassisches Computer- / Videospiel und wenn ja, bevorzugst du eher die Original Hardware, oder zockst du doch lieber auf dem Emulator?

Stephan Freundorfer: Für die Arbeit, also um Screenshots zu machen oder mir Dinge in Erinnerung zu rufen, schmeiße ich natürlich den Emulator an. Manchmal bleibt man dabei natürlich an dem einen oder anderen Spiel hängen. Aber wenn ich wirklich Lust auf ein klassisches Videospiel habe, dann zocke ich das natürlich auf der alten Hardware. Sie und die zugehörigen Controller erlauben als einzige das Spielerlebnis und -gefühl von vor 15, 20, 30 Jahren, als sich Pitfall, Super Mario World oder Wipeout unauslöschbar in Herz und Hirn brannten.

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