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Neo Geo

 

Das Neo Geo AES (Advanced Entertainment System) ist keine Heimkonsole im eigentlichem Sinne. Hierbei handelt es sich vielmehr um die Konsolenversion, der technisch nahezu identischen Spielhallen-Hardware von SNK (Neo Geo MVS). Dabei protzt die schicke, schwarze Konsole mit, für damalige Zeiten, gigantischen technischen Daten, Cartridges in PlyaStation 1-Größe und echten Joyboards, anstelle von mickrigen Controllern. Ob die Idee nun genial oder verrückt war, liegt wohl im Auge des Betrachters. Sehen wir’s uns mal etwas genauer an. Stolze 1000,- DM (!) musste man zum Verkaufsstart 1990 beim Importhändler auf den Ladentisch blättern, um in den Olymp der Videospielunterhaltung aufsteigen zu dürfen. Ein offizieller Release der Konsole in Deutschland war von Anfang an nicht geplant.

Total utopisch also für die meisten Zocker, ohne reiche Eltern. Hinzu kamen dann noch ca. 200,- Euro, für jedes weitere Spiel. Somit war die Konsole sowieso nur etwas für junge Nerds mit Nebenjob oder videospielfanatische Familienväter, mit dickem Bankkonto. Ich zählte damals zu ersterer Gruppe und hatte vom Neo Geo bisher nur am Rande gehört oder gelesen. In den einschlägigen Videospiel-Fachzeitschriften las man damals ungläubig etwas von Spielen, in Arcade Qualität oder zusätzlichen 3D-Chips. Aber was zur Hölle war bitte eine Memory Card? Nun, ich sollte es bald herausfinden.

Hardware Power

Das Neo Geo besaß eine ganz bemerkenswerte Hardware. Bewusst pfiff der Hersteller SNK seinerzeit auf ein gutes Preisleistungsverhältnis und spendierte dem Neo Geo gleich mehrere Prozessoren, die im Spiel für verschiedene Funktionen zum Einsatz kamen. Ebenso revolutionär war die bereits genannte Memory Card, mit sagenhaften 8 Kilobyte Speicherkapazität, die für 14 Spielstände ausreichte und mit der man seine Speicherstände von zu Hause oder theoretisch auch der Spielhalle sichern konnte. Ländercode-Beschränkungen gab es beim Neo Geo glücklicherweise nicht. Alle Module konnten auf der US-, Japan- oder Euro-Konsole abgespielt werden. Auf der amerikanischen und europäischen Variante des Neo Geos gab es jedoch nur weißes “Pixelblut” und ab und an wurden einige zu gewalttätige Sequenzen entfernt.

First Contact

Ich kann nicht mehr genau sagen, wann ich das erste mal ein Neo Geo-Spiel live gesehen habe. Ich weiß nur noch, dass in einem Münchner Videospielgeschäft eine Traube von pickeligen Schülern vor einem Röhrenfernseher stand und man im ersten Moment nicht erkennen konnte, was da los genau war. Ich konnte nur den donnernden Sound hören, der aber unmöglich von einer Videospielkonsole her stammen konnte. Endlich hatte ich mich in der Menge soweit nach vorne gemogelt, um einen Blick auf den Bildschirm erhaschen zu können.

Was ich dann zu sehen und hören bekam, hat mich damals dermaßen beeindruckt, dass ich es bis heute nicht vergessen habe. „Robot Army!“ brüllte es in glasklarer Sprachausgabe aus den Boxen. Und dann erst diese Grafik! Fassungslos verharrte ich bestimmt eine Stunde vor dem Fernseher und wusste bereits nach 1 Minute, dass ich diese Konsole unbedingt haben musste, egal wie.

You will be mine

Und die Gelegenheit kam. Durch einen Zufall erfuhr ich 1993, dass ein Kumpel meines Kumpels angeblich solch ein Neo Geo besaß. Ich bot einen Konsolentausch an. Mein nagelneues Import-SNES aus Amerika, gegen sein Neo Geo. Deal! Genialerweise war auch noch das Hammerspiel Art of Fighting, mit sagenhaften 102 Megabit Speicherumfang (etwa 7x soviel, wie beim größten SNES-Spiel seinerzeit) im Paket enthalten. Das Prügelspiel nutzte den oben erwähnten 3D-Chip des Neo Geos perfekt aus, sodass jedes andere Spiel auf dem Markt (inkl. Street Fighter 2) aussah, wie die missratenen Erstversuche eines dilettantischen Spieledesigners. Von nun an gab es kein Zurück mehr. Mein Bruder und ich legten unser gesamtes Ausbildungsgehalt zusammen und wir bekamen für unser SNES und zusätzlichen 1000,- DM die Konsole, mit 2 Joyboards und dem bereits genannten Art of Fighting (und ich bereue nix – N-I-X!).

Ich erinnere mich noch gut daran, als unser verehrter Chefredakteur Tom, innerhalb von gefühlten 10 Sekunden bei mir in der Tür stand, nachdem ich ihm von meinem Kauf am Telefon erzählt hatte. Das Neo Geo eroberte sich zwar nur eine kleine, dafür aber sehr treue Fangemeinde, die dafür sorgte, dass der Softwarenachschub bis Anfang der 2000er nicht nachließ. Vor allem verstanden es SNK im Laufe der Zeit wirklich, das Letzte aus der Hardware der Konsole herauszukitzeln. Jahrelang war das Neo Geo, gerade was 2D-Action angeht, von keiner anderen Konsole zu toppen. Selbst Mitte der 90er, als die ersten 32-Bit Konsolen von Sega und Sony auf den Markt kamen, waren diese Maschinen ohne nicht in der Lage, dem Neo Geo in dieser Hinsicht das Wasser zu reichen. Trotzdem flüchteten die meisten Gamer in die ach so schönen neuen 3D-Welten. SNK aber ließ nicht locker und schuf mit immer größeren Modulen, immer prächtigere Spiele, welche aufgrund der geringeren Nachfrage aber nur noch in geringen Stückzahlen auf den Markt kamen. Diese Softwareperlen, zu denen z.B. Titel wie Metal Slug, Ninja Masters, Pulstar oder die KOF-Serie gehörten, hielten des Neo Geo weiter am Leben.

Neo Geo CD, Neo Geo Pocket, Neo Geo 64

Letzten Endes half aber Alles nichts. Das Neo Geo CD kam am Markt wegen der quälend langen Ladezeiten (ich sage nur Single Speed CD-ROM) nicht an und so wurde der Softwarenachschub hierfür noch lange vor dem Ende der Modulproduktion eingestellt. Den Bericht, zum ebenfalls gefloppten Neo Geo Pocket findet ihr in unserem Artikel. Über den offiziellen Nachfolger, das Neo Geo 64, wollen wir lieber das Grabtuch des Schweigens legen. Die nicht einmal 10 Spiele, die hierfür erschienen, sind der Rede nicht wert und beschleunigten lediglich das Ende des japanischen Herstellers SNK.

Selbst späte Perlen, wie Garou: Mark of the Wolfes oder Metal Slug 3, die ich nur voller Erfurcht vor der Programmierkunst der SNK-Mannen erwähnen möchte, zeigten nochmals eindrucksvoll, was aus der inzwischen doch etwas betagten Konsole herauszuholen war. Ein letztes King of Fighters 2001 und ein dahin geschludertes Sengoku 3, besiegelten dann aber das endgültige Aus.

Oder doch nicht? Eine Firma Names Playmore Corp. war wohl der Meinung, dass das Potenzial des Neo Geos noch nicht ganz ausgereizt sei und so geschah es (nach der Übernahme von SNK), dass die Neo Geo-Gläubigen doch noch bis ins Jahr 2003 mit einer handvoll neuer Spiele versorgt wurden.

Das Ende…oder?

Leider wurden die vollmundigen Versprechen von Ben Herman (damaliger Präsident von SNK Playmore USA) aus einem Interview in der Zeitschrift Maniac (08/2003), das Neo Geo noch ein paar weitere Jahre mit neuer Software zu versorgen, nicht eingehalten und so fand die Konsole mit den Titeln Capcom vs. SNK, KOF 2003 und Metal Slug 5 ein erneutes, aber doch würdiges Ende. Die Lebensspanne der Maschine konnte so auf beachtliche 14 Jahre verlängert werden. In den Jahren darauf schafften es immerhin noch ein paar Neo Geo-Klassiker (als kostenpflichtige Downloads) auf die Wii und sogar eine tragbare Konsole namens Neo Geo X wurde in Lizenz gefertigt (2012), von der ihr allerdings lieber die Finger lassen solltet, denn technisch ist das Ding sein Geld wirklich nicht wert. Das wahre Arcade-Feeling für Daheim gibt´s eben nur auf der Original-Konsole.

And don’t forget – “The future is now !”

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