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Interview mit Fabian Döhla

PR-Manager von großen Spiele-Publishern sind in der Regel eine äußerst nervige Spezies. Neu angekündigte Spiele sind durch die Bank “awesome” und das Gameplay ist auch dann noch “groundbreaking”, wenn es sich bei dem Titel offensichtlich um eine Spielspaßgurke handelt, die garantiert wie Blei in den Regalen liegen wird. Ehrliche Worte, oder gar Humor, sucht man bei den Presse-Einpeitschern leider oft vergeblich. Allerdings gibt es auch Ausnahmen, wie zum Beispiel Fabian Döhla, seines Zeichens PR-Manager von Sega Deutschland, für Download- und Online-Games. Umso mehr hat es uns deshalb gefreut, als sich Fabian dazu Bereit erklärt hat, uns für ein kurzes Interview zur Verfügung zu stehen.

Du warst jahrelang PR Manager für Sega Deutschland und somit das Aushängeschild der Sonic-Erfinder hierzulande. Wie genau ging es bei Sega für dich weiter, als der japanische Spielehersteller 2012 notgedrungen beschloss, seine europäischen Dependancen (bis auf die in London) dicht zu machen?

Fabian Döhla: An sich war nach sieben Jahren, inklusive der Zeit in den USA, ein längerer Urlaub geplant. Aber wie es dann immer so ist… man macht Pläne – und dann kommt es doch anders. Die Kollegen von SEGA of Europe haben mich gefragt, ob ich nicht nach deren ESD- und Mobile-Titeln schauen will (ESD = Electronic Software Distribution, also alles was es nicht im Handel gibt) – und da ich die Firma ja gut kannte und das Mobile-HQ bei den Kollegen in den USA beheimatet ist, hat sich das irgendwie ganz gut ergeben. Natürlich sieht das immer etwas komisch aus, erst eine Abschiedsmail schreiben und dann doch wieder am Start sein… aber geplant war das nicht, eher ein lustige und irgendwie auch glückliche Fügung.

Bevor wir weiter über deine aktuellen und zukünftigen Projekte sprechen, möchte ich gerne noch ein bisschen in deiner (Spiele-)Vergangenheit wühlen. Was genau war der Auslöser für deine Affinität zu Computer- und Videospielen und was war dein erster Kontakt hierzu?

Fabian Döhla: Ich bin mir ziemlich sicher, dass es mit Tennis auf dem NES angefangen hat. Zumindest hab ich das in einem Kaufhof wieder und wieder gespielt. Und dann war da natürlich auch noch der C64, mein erster eigener Computer. Müsste ich mal zeitlich einordnen, war aber bislang immer zu faul dafür. Selbst jetzt bin ich es. Neben Tennis haben noch Spiele wie Last Ninja, Commando, Bomb Jack, Blue Max und Wizards of War einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Warum genau diese Titel? Ich hab keine Ahnung. Richtig intensiv wurde es dann mit dem Amiga. Kick Off, die Cinemaware-Spiele, Shadow of the Beast – das sind alles tolle Erinnerungen. Später habe ich dann mal den Macher von Shadow of the Beast kennengelernt, war sehr lustig. Sowas passiert dir in der Branche oft. Yuji Naka, Yu Suzuki, Ron Gilbert… da ist man dann doch immer wieder ein bisschen Fanboy. Schadet aber ja auch nicht, denn wenn man Spaß bei der Arbeit hat, dann kommen dabei meistens bessere Ergebnisse herum.

Dein Einstieg in die Welt der elektronischen Spiele war also nicht ausschließlich mit Sega verknüpft. Was war der ausschlaggebende Impuls für dich, viele Jahre später, genau bei dieser Firma auch beruflich einzusteigen, oder wollte dich Nintendo damals einfach nicht? 😉

Fabian Döhla: SEGA hab ich immer gemocht. Vor dem Super Famicom stand ein Mega Drive daheim und sogar das Mega-CD aus Japan, mit drei schlechten Spielen, wurden importiert. Das sagt vermutlich schon viel aus. Als ich noch als Redakteur gearbeitet habe, gab es noch eine deutsche SEGA-Niederlassung. Als ich dann später gewechselt bin, war dem nicht mehr so. Aber da ich Codemasters (Fabians erster Arbeitgeber auf PR-Seite) auch immer mochte… war das nicht so schlimm. In meiner ersten Woche dort habe ich mir gleich ein paar Klassiker von den Darling-Brüdern signieren lassen.

Zu Beginn deiner Karriere hast du deine Brötchen aber als Redakteur in diversen Spielemagazinen, wie der Fun Generation, oder dem Offiziellen PlayStation Magazin verdient. Wie hast du es damals genau angestellt, einen Fuß in diese Branche zu bekommen und welchen Stellenwert ordnest du heutigen Zeitschriften (wie der M-Games oder der GamePro) noch zu? Schließlich gibt es mittlerweile unzählige Webseiten im Internet, die die Gamer viel zeitnaher mit Informationen versorgen.

Fabian Döhla: Oh, die gute alte Print/Online-Diskussion. Ich bin mit Spielezeitschriften aufgewachsen. Neulich habe ich erst wieder die alte EGM, mit dem Sonic 2-Cover gefunden. Und was dabei erstaunlich ist, ich kenne das Heft immer noch quasi auswendig. Das sagt ja aus, wie intensiv man sich damals damit beschäftigt hat. Ging ja auch nicht anders – andere Quellen gab es nicht. Logischerweise hat sich das in den letzten Jahren sehr stark verschoben und natürlich ging dieser Schritt auf Kosten der Printmagazine. Der Einstieg war lustig. Habe u.a. die Mega Fun gelesen, meine Schwester hat damals in Würzburg studiert und ich hab mir von ihr die Nummern im Telefonbuch raussuchen lassen und die Redakteure angerufen. Einer davon hat nicht gleich wieder aufgelegt, wir haben uns später mal in Würzburg getroffen und dann wurde ich irgendwann zum „Leser des Monats“. So schnell kann es gehen. Später haben die Jungs dann CyPress gegründet – und da man sich schon kannte, war ich dann schnell dabei. Später sind mehr und mehr meiner Freunde aus meiner Heimatstadt nachgekommen. Eine tolle Zeit.

Zurück zu meinem Lieblingsthema – Retro-Games: In den letzten Jahren gab es einen regelrechten Retro-Boom. Dies zeigen vor allem die großen Erfolge der Download-Plattformen. Gerade hier erscheinen regelmäßig Remakes von alten Klassikern, oder neue Games, die im Stil der 8- bzw.16-Bit-Ära designt wurden. Was sind deiner Meinung nach die Gründe, für das plötzliche Interesse an diesen altmodisch anmutenden Spielen?

Fabian Döhla: Das hat verschiedene Gründe – die überschaubaren Entwicklungskosten sind dabei einer der wichtigsten Punkte, werden aber schnell mal vergessen. Zusammen mit der digitalen Distribution minimiert man das Risiko, Entwickler können dadurch auf der anderen Seite gleichzeitig wieder mehr riskieren und trauen sich an Retro-Projekte oder Neuentwicklungen mit klassischen Ansätzen. Dazu kommt natürlich das „perfekte Alter“ der Zielgruppe – wer damals schon dabei war und Videospiele seit Jahrzehnten liebt, der hat vermutlich inzwischen einen Job und kauft gerne für 5 bis 15 Euro einen solchen Klassiker.

Wie du mir kürzlich verraten hast, hast du dir die noch freie Domain „Pong.de“ gesichert (Warum bin ich nicht auf diese Idee gekommen??). Verfolgst du hiermit ernsthafte Ziele, und wenn ja, welche Inhalte dürfen wir von dir hier in Zukunft erwarten? Wie wärs denn mal mit einem eigenen Retro-Podcast?

Fabian Döhla: Das mit Pong.de war immer mal wieder ein Thema, über das ich mit einem guten Freund gesprochen hab. „Man müsste sich mal das hier sichern, man müsste mal dieses und jenes machen. Und ping@pong.de wäre ja wohl eh super.“ – irgendwann hat er dann festgestellt, dass die Domain ja echt noch frei ist. Und jetzt machen wir einfach ein bisschen Email-Unsinn mit dieser Domain. Mehr haben wir gar nicht geplant. Es ging primär um die Email-Adressen, eine @sega-Email habe ich ja schon, da musste eine Alternative her. Und die habe ich jetzt. Ernsthafte Ziele, naja… Ich benutze sie für Pressemeldungen für andere Games-Kunden – schließlich kann ich deren Sachen ja schlecht über meine SEGA-Adresse verschicken.

Zum Abschluss unseres Gesprächs würde ich gerne noch von dir wissen, an welchen Projekten du zur Zeit arbeitest und wie es speziell mit dir und Sega in den kommenden Jahren weiter geht. Schließlich wäre es doch sehr schade, einen so witzigen und unkonventionellen PR-Manager wie dich zu verlieren.

Fabian Döhla: Wenn ich wüsste wie es mit SEGA in den nächsten Jahren weitergeht… dann würde ich vielleicht Aktien kaufen. Oder auch nicht. Denn ich weiß es ja nicht. Aber zuversichtlich bin ich trotzdem, auch wenn die Schließungen der Büros nach außen hin natürlich nicht gut ausgesehen haben. Aber leider hat das durchaus Sinn ergeben, die Vertriebskosten sind für eine Firma dieser Größe einfach zu hoch gewesen. Du zahlst ja deinen Außendienst unabhängig von der Anzahl der Produkte – und davon gab es dann einfach nicht genug. Deswegen auch die Vertriebslösung mit einer Firma, die sich genau auf dieses Gebiet spezialisiert hat. Ich selber betreue hoffentlich noch eine Weile die ganzen Download- und Mobile-Titel. Natürlich ist das im Vergleich zu früher nicht ganz so spektakulär, gleichzeitig sollte man aber auch nicht ausblenden wo die Reise bei den Spielen hingeht. Der Direktvertrieb wird in den nächsten Jahren noch wichtiger, EA hat gerade mit seiner Mobile-Sparte mehr Umsatz gemacht als im klassischen Segment… und das ist sicher mehr als ein Trend. Neben SEGA habe ich noch andere Kunden, die ich natürlich mit unglaublich viel Liebe betreue.

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