Wer sich hin und wieder bei YouTube herumtreibt und sich für deutschsprachige Videos zum Thema “Retro Gaming” interessiert, dürfte bereits auf den Kanal Virtual Dimension aufmerksam geworden sein. Dennis Pauler, der Betreiber des Kanals, berichtet dort seit etlichen Jahren über alte Spiele, vornehmlich für Heimcomputer der 8- und 16-Bit-Ära. Egal, ob Let´s Plays, Spieletests oder Bastelvideos, hier ist für jeden Retro Gamer etwas dabei. Deshalb freut es mich um so mehr, dass sich Dennis zu einem kurzen Interview auf unserer Webseite bereit erklärt hat.
Wie immer starte ich mit meiner Einstiegsfrage: Kannst du dich noch an den Auslöser für deine anhaltende Liebe zu digitalen Spielen erinnern?
DP: Das war bei mir eher ein schleichender Prozess. Meine ersten Berühungen mit digitalen Spielen hatte ich noch bevor ich in die Schule kam – mit einer Pong-Heimkonsole und einer Poppy MPT-3 (zu der ich aber nur ein Spiel hatte). Beides war faszinierend, hatte mich aber nicht wirklich begeistert. Auf Anraten meines Vaters kaufte ich mir dann 1984 – ich hatte ein wenig Geld gespart – einen VTech VZ-200 (statt dem eigentlich von mir angedachten Tomy Racing Cockpit). An diesem Rechner habe ich auch noch nicht viel gespielt, denn ich hatte schlicht keine Software, außer der, die wir selbst geschrieben hatten. Als ich den VZ-200 dann im Januar 1985 gegen einen C64 eingetauscht hatte, öffnete sich mir allerdings eine ganz neue Welt. Seitdem sind digitale Spiele aus meinem Leben nicht mehr wegzudenken, auch wenn ich inzwischen an mehr Tagen aus Zeitgründen nicht spiele als umgekehrt.
Dich hat es ja schon früh zu Heimcomputern hingezogen. Haben dich Konsolen nie gereizt?
DP: Konsolen waren für mich damals schlicht kein Thema. In meinem Freundeskreis hatten alle einen Heimcomputer, sodass ich Konsolen erst sehr spät kennengelernt habe. Gehört hatte ich zwar aus der PowerPlay von dieser anderen Welt, aber sie blieb mir fremd und hat mich nicht gereizt. Meine erste Konsole (wenn man das kurze Gastspiel an der zuvor erwähnten Poppy MPT-3 nicht mitzählt) war tatsächlich das Amiga CD32, bevor ich mir dann Ende der 90er einen Atari 2600 zugelegt habe. Meine erste “richtige” aktuelle Konsole war die Nintendo Wii, die meine Frau und ich uns zusammen zur Hochzeit gekauft haben 🙂 Inzwischen habe ich meine ausgelassene Konsolenkarriere ein wenig nachgeholt und besitze auch ein Master System, ein Mega Drive, SNES, N64, PS1 und PS3, mein Herz schlägt aber nach wie vor für (Heim)Computer.
Wer deinen YouTube-Kanal Virtual Dimension kennt, weiß, dass du ein Faible für Commodore hast. Wie kam es zu deiner Vorliebe für diese Geräte und welche Spiele haben dich hierfür in deiner Jugend besonders fasziniert?
DP: Zum C64 kam ich relativ zufällig. Ich hatte einen leistungsfähigeren Rechner als den VZ-200 gesucht und der C64 war 1985 in aller Munde, also wurde dies mein neuer Rechner. Die Wahl habe ich aber nie bereut und viele schöne Stunden mit Spielen und Programmieren am Brotkasten verbracht. Einige meiner damaligen Highlights waren Hexenküche, Zak McKracken, Defender of the Crown, Elite, Hanse, Bard’s Tale und Seven Cities of Gold. 1990 machte sich dann langsam das Alter des C64 bemerkbar und es erschienen nicht mehr so viele neue Spiele für ihn. Auf der Suche nach einem neuen Rechner habe ich mir von Klassenkameraden die drei meist verbreiteten 16-Bit-Systeme (PC, Atari ST und Amiga) vorführen lassen und mich dann für den Amiga als neue Plattform entschieden – zufällig wieder von Commodore. Auf dem Amiga gehörten damals (neben Elite und Bard’s Tale) insbesondere Spiele wie Turrican, Pinball Dreams, Monkey Island, Alien Breed 2, Chaos Engine, MegaLoMania und Die Siedler zu meinen Highlights.
Wie viele von uns hast du früher sicher auch jede Menge Spielezeitschriften verschlungen, um dich über aktuelle Games zu informieren. Mit dem Aufkommen des Internets begann leider auch das Sterben dieser Magazine. Welche Zeitschriften hast du damals regelmäßig gelesen?
DP: In der C64-Zeit habe ich die RUN und die 64er gelesen. Beim Umstieg auf den Amiga kamen dann die PowerPlay, der Amiga Joker und das Amiga-Magazin als zentrale Stützen dazu (die RUN war bereits eingestellt worden), flankiert von der einen oder anderen Ausgabe AmigaDOS, AmigaPlus oder AmigaSpecial, später dann auch AmigaFuture und AmigaOS. Nicht unerwähnt bleiben sollte hier die AmigaFever, die ich nicht nur gelesen habe, sondern von der ich auch Mitglied der Redaktion war.
Zockst du privat auch Spiele für aktuelle Systeme oder konzentrierst du dich primär auf Retro Games?
DP: Ich spiele – übrigens oft zusammen mit den anderen von Virtual Dimension – auch durchaus aktuelle Spiele. Neben dem Dauerbrenner Minecraft komme ich aktuell immer wieder zu Starcraft 2, Heros of the Storm, Tomb Raider (2013) und Diablo III zurück. Dazu kommen natürlich die Spiele, die wir auf unserem Kanal newskool.virtualdimension.de vorstellen.
Man kann in deinen Videos im Hintergrund immer wieder Regale mit diversen Spielekartons entdecken. Sammelst du noch aktiv und wie viel Platz nehmen deine Errungenschaften mittlerweile ein?
DP: Ich habe schon als der Amiga noch aktuell war relativ viele Spiele in Schachtel gekauft und mir damit einen guten Grundstock aufgebaut. Mit dem Start unserer Youtube-Videoreihen im Jahr 2013 hab’ ich dann immer mehr Spiele dazugekauft und einige haben wir ja inzwischen auch von Zuschauern gespendet bekommen. Ich bin noch aktiv dabei, die Sammlung zu erweitern, auch wenn das leider ein immer teureres Unterfangen wird. Aktuell belegt die Sammlung etwa sieben Regalmeter.
Du lädst auf deinem YouTube-Kanal regelmäßig Let´s Plays, Zeitschriften-Reviews und sogar Bastelvideos hoch, in denen du deine Löt-Skills präsentierst. Wie viel Zeit nehmen deine Aktivitäten auf YouTube mittlerweile ein und bleibt da überhaupt noch Zeit für einen regulären Job?
DP: Eine ähnliche Frage bekomme ich immer wieder gestellt, aber ich habe tatsächlich einen Vollzeitjob neben Youtube 🙂 Die Videoproduktion verschlingt den größten Teil meiner Freizeit, ich genieße es aber, zusammen mit meinen Freunden in Erinnerungen zu schwelgen und neues zu entdecken. Damit das Ganze zeitlich einigermaßen im Rahmen bleibt, haben wir inzwischen recht große Teile der Produktion automatisiert und nehmen viele Formate live oder live-on-tape auf. Aufwändiger wird es mit Videos wie der Bastel-Ecke oder den Virtuellen Welten, deshalb erscheinen diese meist nur einmal alle ein bis zwei Monate.
Mit dem A500 Mini kam zuletzt eine verkleinerte Neuauflage des Amigas auf den Markt. Was hältst du persönlich von Mini-Konsolen? Sollte man lieber auf den originalen Systemen spielen oder sind Emulationen eine gute Alternative für retroaffine Gamer?
DP: Das richtige Original-Feeling von damals bekommt man sicher nur mit Original-Hardware, denn die Emulation von alten Rechnern hat prinzipbedingte Schwächen, die man nie ganz überwinden können wird. Auf der anderen Seite wird man sich sowieso nie wieder genau so fühlen, wie man sich damals gefühlt hat. Emulatoren sind daher aus meiner Sicht eine gute Annäherung, die in vielen Fällen völlig ausreichend und viel einfacher zu nutzen ist. Unsere Aufnahmen machen wir beispielsweise meistens über einen Emulator, weil das einfach viel komfortabler ist.
Man konnte dich in den vergangenen Jahren (vor der Pandemie) auch als Aussteller auf der Gamescom in Köln antreffen. Gibt es schon Pläne für zukünftige Messe-Auftritte?
DP: Wir werden in diesem Jahr wieder als Aussteller auf der Amiga37 in Mönchengladbach mit dabei sein und freuen uns schon darauf, endlich wieder andere Retro-Begeisterte live zu treffen. Die Gamescom lassen wir dieses Jahr nochmal aus, aber vielleicht sind wir da 2023 wieder mit dabei.
Du hast in einem deiner letzten Videos eine Programmzeitschrift vorgestellt, in denen man sich bereits vorab über künftige Veröffentlichungen auf deinem Kanal informieren kann, ganz wie in klassischen TV-Programmzeitschriften. Planst du aktuell noch weitere Magazine oder sogar Bücher?
DP: Ideen haben wir mehr als genug. In meiner Schublade liegen Ideen für diverse Romane und Sachbücher, außerdem harrt das Skript des dritten Teils unserer VD-Hörspielreihe (siehe Virtual-Dimension-Hörspiele) darauf, endlich geschrieben und produziert zu werden. Daneben bin ich ja seit 10 Jahren Redakteur des RETURN-Magazins, in dem immer mal wieder Artikel von mir erscheinen. Es mangelt hier also lediglich an der Zeit. Vielleicht wird daraus mehr, wenn ich mal in Rente bin. 🙂