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Daikatana

Daikatana (Kemco, 2000)

Einige PC-Spieler werden sich wohl noch mit Grauen an das verunglückte Spiel “Daikatana” erinnern. Dieser Ego-Shooter, aus dem Hause Ion Storm, wurde 1997 erstmals angekündigt, erschien aber erst drei Jahre später. Die Resonanz der Kritiker fiel allerdings vernichtend aus, sodass das Spiel sehr schnell wieder in Vergessenheit geriet. Doch neben diesem wenig populären Original existieren noch Umsetzungen für das N64 und den Game Boy Color. Letztere Variante, welche es aus unerfindlichen Gründen nie in die USA geschafft hat, habe ich (in der deutschen Übersetzung) für euch näher in Augenschein genommen.

Alles Zelda, oder was?

Daikatana – das ist japanisch und heißt übersetzt soviel wie “großes Schwert”. Wer jetzt spontan an den guten Link und sein Master-Schwert denkt, liegt gar nicht mal so falsch, denn bei der Umsetzung für Nintendos erstes, farbiges Handheld Game Boy Color handelt es sich glücklicherweise nicht um einen Shooter. Ganz im Gegenteil. Daikatana ist ein klassisches Action-Adventure, im Stile der 8-Bit-Episoden der Zelda-Reihe. Das heißt im Klartext, ihr erlebt euer Abenteuer aus der Vogelperspektive, sammelt munter Waffen und Rüstungen ein, durchforstet eine begrenzte Oberwelt und stellt euch am Ende des jeweiligen Spielabschnitts kniffeligen Bossen. Eine überraschende Gameplay-Entscheidung der Entwickler, wenn man sich das Original betrachtet.

Ihr schlüpft in die Rolle von Hiro Miyamoto, einen Kampfkunstlehrer, der sich genretypisch, von zwei tapferen Mitstreitern begleitet (Mikiko Ebihara und Superfly Johnson), auf eine abenteuerliche Zeitreise begibt, um dem tyrannischen Großindustriellen Kage Mishima das Handwerk zu legen. Dieser Fiesling hat mit Hilfe des magischen Schwerts Daikatana die Vergangenheit zu seinen Gunsten beeinflusst. Damals plagte ein tödlicher Virus die Menschheit, aber Gerüchten nach zu urteilen, existierte ein Heilmittel gegen die Seuche. Natürlich kommt es, wie es kommen muss. Der Bösewicht Kage gelangt gewaltsam an das Gegenmittel und denkt nun als alleiniger Besitzer nicht im Entferntesten daran, seine Erfindung mit der Menschheit zu teilen, um das Volk von seinem Leid zu erlösen. Dem heldenhaften Hiro bleibt also nichts anderes übrig, als zusammen mit seinen Gefährten ebenfalls die gefährliche Reise durch Raum und Zeit auf sich zu nehmen, um Kage das Daikatana zu entwenden und die Eingriffe des Bösewichts in den Verlauf der Geschichte zu korrigieren. Schließlich muss endlich ein Heilmittel her. Und zwar schnell. Auf gehts also ins Jahr 2455.

So bereist Ihr Orte ganz unterschiedlicher Natur; neben einem futuristischen Japan findet Ihr euch im antiken Griechenland und mittelalterlichen Norwegen wieder und stellt euch dort den Gefahren in Form von Monstern und Gegnern, die der jeweiligen Epoche nachempfunden wurden. In grau schattierten Rückblenden werden Stück für Stück weitere Geheimnisse der Vergangenheit aufgedeckt und ihr erlebt im weiteren Verlauf des Spiels ein paar wirklich überraschende Storywendungen.

Gameplay

Begleitet vom bulligen Sicherheitschef Superfly Johnson und Mikiko Ebihara, der Tochter eines Wissenschaftlers, der für Kage Mishima gearbeitet hat, entfacht das Spiel eine ganz eigene Atmosphäre. Ab und zu schlüpft ihr automatisch in die Haut eurer Mitstreiter. Dummerweise könnt ihr in der Gestalt euer Kumpanen nicht mehr auf alle Waffen, die ihr im Laufe des Spiels eingesammelt habt, zurückgreifen. Das Arsenal ist allerdings recht umfangreich. Während Mikiko nicht dazu in der Lage ist, einen Hammer oder ein Schwert zu schwingen, könnt ihr euch in ihrer Haut mit diversen Schusswaffen zur Wehr setzen. Gleiches gilt für Superfly, der zwar einen durchschlagskräftigen Hammer schwingen kann, dafür aber seine Probleme mit Schusswaffen hat. Lediglich Hiro ist dazu in der Lage, das Waffenarsenal komplett auszuschöpfen. Durch dieses taktische Element gewinnt das Spiel enorm an Spieltiefe.

Im Laufe des Spiels sammelt ihr immer wieder Munition ein, mit der ihr äußerst sparsam umgehen solltet, da eure Fernwaffen schnell leergeschossen sein werden. Dadurch bekommt ihr früher oder später schnell Probleme mit den einfachsten Gegnern, da nicht in jedem Screen weitere Munition auf euch wartet. Vor allem im späteren Spielverlauf ist ein Blick auf die Munitionsanzeige unumgänglich, die am unteren Bildschirmrand in alter Zelda-Manier angezeigt wird.

Trotz seiner eindeutigen Zelda-Einflüsse und seiner Open-World-Ansätze ist Daikatana sehr linear gestrickt. So ist es euch leider nicht möglich, eine Weltkarte nach Schätzen zu durchforsten, Bäume abzufackeln, um geheime Treppen freizulegen, oder Heiltränke zu brauen. Heilung gibt es in Form von verschiedenfarbigen Kapseln, die Ihr unterwegs einsammeln könnt, um euren Gesundheitszustand wiederherzustellen. Und das ist mehr als nötig, da bereits ein minimaler Feindkontakt ausreicht, um euch ordentlich zuzusetzen. Erst wenn ihr einen Boss besiegt habt, füllt sich eure Gesundheitsanzeige wieder vollständig auf und erhöht eure HP automatisch.

Bei den Boss-Fights müsst ihr, wie bereits erwähnt, sehr strategisch auf euer Waffenarsenal zurückgreifen, um den Obermotz möglichst schnell zu besiegen. Doch keine Sorge, die Angriffsmuster der Endbosse sind relativ schnell durchschaut, sodass ihr mit der richtigen Taktik und ein bisschen Geschick keine größeren Probleme haben solltet. Lediglich gegen Ende des Spiels zieht der Schwierigkeitsgrad stark an und erfordert ein gewisses Durchhaltevermögen.

Im Verlauf des Abenteuers müsst ihr kleine, nicht besonders knifflige, Rätsel lösen. So verschiebt ihr beispielsweise Kisten, um Lüftungsschächte zu erreichen, betätigt farbige Schalter, um neue Wege freizulegen und sammelt eine bestimmte Anzahl Fragmente ein, um den Zugang zum nächsten Dungeon freizuschalten. Dabei ist es euch praktischerweise jederzeit möglich, euren Fortschritt abzuspeichern, da das Spiel-Modul über eine eingebaute Batterie verfügt. Sogar die aktuelle Spieldauer wird euch beim Abspeichern angezeigt. Nach knapp drei Stunden dürft ihr euch bereits zurücklehnen und den Abspann dieses Action-Adventures über den Bildschirm eures Game Boy Colors flimmern sehen. Eine passable, wenn auch nicht allzu lange Spielzeit.

Künstlerisch wertvoll

Daikatana ist alles andere als ein optisches Meisterwerk. Hier wäre sicherlich mehr drin gewesen. Der Sound geht, gerade im Vergleich zum vermurksten PC-Original, aber durchaus in Ordnung. Ein großer Pluspunkt ist die Steuerung. Ihr habt jeden Charakter, in dessen Rolle ihr schlüpft, jederzeit fest im Griff. Sehr zugute halten muss man dem Titel seine deutsche Lokalisation, die mich unterm Strich angenehm überrascht hat. Auch wenn sich hier und da ein kleiner Übersetzungsfehler eingeschlichen hat.

Fazit: Das PC-Original mag seine vernichtende Kritik, aufgrund der technischen Mängel, berechtigt eingeheimst haben, doch die GBC-Umsetzung von Daikatana hätte kaum gelungener ausfallen können. Wenn man mal von dem recht linearen Spielverlauf absieht, der in diesem Genre damals ohnehin fast unumgänglich war, bietet diese Version eigentlich alles, was man als Freund von japanischen Action-Adventures erwartet. Eine mitreißende Zeitreise-Story (nicht frei von Klischees), abwechslungsreiche Lokationen, sympathische Charaktere und eine gut funktionierendes Kampfsystem. Das Herz des Spiels ist zweifellos die packende Geschichte, die einen jederzeit bei der Stange hält. Meines Erachtens kann jeder Zelda-Fan getrost einen Blick auf Daikatana werfen. Für ein schnelles Abenteuer zwischendurch, lohnt es sich auf jeden Fall. Man darf eben nur nicht die Spieltiefe und vor allem den Umfang, eines Zelda-Abenteuers erwarten

 

 

 

 

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