Das Erfreulichste gleich zuerst – Super Mario Odyssey ist nach langer Zeit mal wieder ein „richtiges“ 3D-Mario geworden. Das heißt, ihr dürft euch in weitläufigen Sandbox-Abschnitten frei bewegen und auf die Suche nach fast eintausend Monden machen, die euer namensgebendes Luftschiff antreiben, mit dem ihr wiederum in neue Areale vorstoßen könnt. Mir persönlich ist diese Flut an Items ehrlich gesagt fast schon etwas zu viel des Guten, denn für das reine Vorankommen im Spiel wird letztlich immer nur ein Teil der Monde des jeweiligen Abschnitts benötigt. Somit könnt ihr selbst entscheiden, wie viel Zeit ihr in die Suche nach den Items investieren möchtet. Da manche Monde erst nach Ende der Hauptstory verfügbar sind, dürfte in jedem Fall für reichlich Langzeitmotivation gesorgt sein.
Wo wir gerade von der Hauptstory sprechen, möchte ich nicht verschweigen, dass es natürlich auch die gewohnte “Bowser entführt die Prinzessin” Hintergrundgeschichte als Beiwerk oben drauf gibt. Bowser hat Peach dieses Mal aber nicht nur entführt, sondern er will sie zu allem Übel auch noch heiraten, wobei ihn vier durchgeknallte Langohren (die sogenannten „Broodals“) nach allen Kräften dabei unterstützen, Mario das Leben möglichst schwer zu machen.
Hut ab!
Zwei wesentliche neue Spielelemente führt Nintendo in Odyssey ein. Zum einen ist da Mario´s Mütze „Cappy“. Diese dient euch nicht nur als Wurfgeschoss gegen aggressive Gegner, sondern lässt euch auch verschiedenste Feinde und NPCs übernehmen. So könnt ihr zum Beispiel Gumbas, Kugelfische oder sogar einen T-Rex direkt steuern. Oftmals lassen sich bestimmte Aufgaben auch nur mit euren „gekaperten“ Gegnern lösen oder neue Orte können nur so erreichet werden.
Das sorgt für Abwechslung und bringt Schwung in das dezent angestaubte Genre. Die zweite Neuerung ist vor allem für uns Retrogamer eine tolle Sache, denn Nintendo hat in die 3D-Landschaft immer wieder klassische 2D-Abschnitte, im Look von Super Mario Bros. (für das NES) eingebaut. Wer bereits in den 80ern die ersten Spielerfahrungen mit Mario sammeln durfte, kann sich also auf etliche Reminiszenzen an seine Kindheit freuen.
Kenner von Super Mario 64 (für das N64) werden sich auch schnell heimisch fühlen, denn viele altbekannte Moves, wie den Dreifachsprung oder den Rückwärtssalto beherrscht Mario auch in seinem neuesten Abenteuer. Die Steuerung geht mit dem Pro Controller gewohnt intuitiv von der Hand. Für einige Aktionen, wie spezielle Würfe oder Mini-Games, zwingt euch das Spiel zwar die Gestensteuerung auf (die Wii lässt grüßen), ich kann euch aber beruhigen: Auch als bekennender Verweigerer von „Fuchtel-Spielen“ konnte ich mich nach kurzer Eingewöhnungszeit gut damit anfreunden.
Technische Höchstleistung
Technisch liefert Nintendo einen gewohnt sauberen Job ab. Bis auf kleinere Ruckler konnte ich keine Einschränkungen entdecken. So wird der Switch in Sachen Grafik Einiges abverlangt und vor allem das städtische Treiben in der fiktiven Metropole New Donk City, mitsamt seinen menschlichen Einwohnern, überzeugt mit großer Detailverliebtheit. Leider können es nicht alle Abschnitte mit dieser Opulenz aufnehmen, aber trotzdem gibt es auf Nintendos neuer Konsole aktuell kein Spiel, das Super Mario Odyssey in technischer Hinsicht das Wasser reichen könnte. Weniger perfekt ist die automatische Kamera, die hier und da manuell nachjustiert werden muss. So kritisch, wie in manchen Reviews zu lesen war, empfinde ich dieses Manko allerdings nicht.
Der Schwierigkeitsgrad fällt für Jump-and-Run-Veteranen recht moderat aus. Wer zuletzt mit Rayman oder dem Shovel Knight umher gehüpft ist wird im direkten Vergleich nicht allzu sehr herausgefordert und gerade bei den Kämpfen gegen Zwischen- und Endgegner, wäre etwas mehr Anspruch durchaus wünschenswert gewesen. Einzig die Bonuswelten bieten nach dem Durchspielen der Hauptstory etwas knackigere Herausforderung. Besonders bei einem dieser Stages dürften alte Mario-Kenner ein besonderes Déjà-vu-Erlebnis haben, aber mehr sei an dieser Stelle dazu nicht verraten…
Fazit: Super Mario Odyssey ist nach Zelda: Breath of the Wild zweifellos der zweite große System-Seller für die Switch (das WiiU-Update Mario Kart 8 mal außer Acht gelassen). Während bei Zelda vieles neu und teilweise auch radikal anders gemacht wurde, als bei den Vorgängern, setzt Nintendo bei Odyssey größtenteils auf bekannte Spielmechaniken. Dennoch haben es die Macher gerade durch das „Capern“ der Gegner geschafft, das altbewährte Mario-Spielgefühl nochmals deutlich abwechslungsreicher zu gestalten. Durchaus skeptisch sehe ich die mit Items und simplen Aufgaben manchmal etwas überladen wirkenden Level. Was bei mir aber trotz der genannten Kritikpunkte haften bleibt, ist das überwältigende Feuerwerk an Ideen, Gags und nostalgischen Momenten, die mich beim Spielen immer wieder spontan zum Lachen gebracht haben (seht euch nur mal die verschiedenen Kostüme von Mario an). Dieses Kunststück gelingt den meisten, der auf Hochglanz polierten AAA-Produktionen nur noch selten und deshalb gibt´s von mir, neben einem Kompliment für Nintendos Einfallsreichtum, fünf von fünf fliegenden Käppies.