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Rayman Origins

(Ubisoft, 2011)

Werden Gamer nach ihrem Lieblings-Jump ´n´ Run gefragt, würden die meisten unter Euch wohl instinktiv einen beliebigen Super Mario Bros.- oder Donkey Kong Titel nennen. Das liegt vor allem daran, dass es heutzutage kaum noch Spiele-Hersteller gibt, die es mit der Hüpf-Konkurrenz von Nintendo aufnehmen möchten. Allerdings sah dies in der Vergangenheit noch ganz anders aus. Vor allem in den 80er und 90er Jahren war die Auswahl an hochwertigen Plattform Spielen gross und unübersichtlich.
Auch der französische Entwickler und Publisher Ubisoft hat mit seinem wirbellosen Firmen Maskottchen Rayman einen waschechten Hüpfstar im Portfolio. “Haaalt!”, werden jetzt viele entsetzt rufen. Bei Rayman und seinen verrückten Rabbids handelt es sich doch um partytaugliche Minispiele, bei denen sich alles um kurzweilige Unterhaltung dreht, und nicht um präzises Hüpfen. Was hat das denn mit einem Jump `n`Run Spiel, für ernsthafte Zocker zu tun?

Um diese Frage ausreichend zu beantworten, müssen wir zuerst in das Jahr 1995 zurückreisen. Damals gab Ubisoft den Startschuss für eine völlig neue Hüpfreihe namens Rayman und schickte sich an, das vor allem von Mario und Sonic geprägte Genre zu entstauben, und um neue Features zu bereichern. Im ersten Teil der Serie, der kurioserweise zuerst für Ataris gefloppte 64-Bit Konsole Jaguar erschien, kämpfte der wackere Rayman gegen seinen Widersacher Mr. Dark, der die kleinen Fantasy-Wesen Electoons gefangen hielt. Besonders eindrucksvoll war damals bereits die flüssige 2D Grafik, im Cartoon Look.

Über 15 Jahre (und etliche Fortsetzungen) später schickt Ubisoft seine aufdringlichen Rabbids vorübergehend in Rente und kehrt mit Rayman Origins wieder zu den Wurzeln der Serie zurück.
Nach dem kurzen Intro, in dem Rayman und seine Freunde beim rythmischen Schnarchen und Faullenzen zu sehen sind, wird bereits klar, dass es bei Rayman Origins vor allem auf das Gameplay, und weniger auf eine ausgeklügelte Story ankommt (nur eine Parallele, die sich Rayman mit der Super Mario Bros. Reihe teilt). Die im Untergrund lebenden Darktoons fühlen sich durch die Schnarcherei auf jeden Fall derart genervt, dass sie sich schnurstracks aufmachen, um diesem Lärm ein Ende zu bereiten.

Wenig später gehts auch schon los und ihr hüpft allein, oder mit bis zu drei Mitspielern, durch eine liebevoll gestaltete 2D Landschaft, deren Detailgrad und Opulenz euch erst einmal die Sprache verschlagen wird. Die Metapher des spielbaren Zeichentrickfilms wurde zwar schon oft strapaziert, aber bei Rayman Origins trifft sie wirklich zu. Das kreative Team, rund um den französischen Spieldesigner Michel Ancel, hat hier wirklich ganze Arbeit geleistet und ein echtes Brett an handgezeichneten Hintergründen und abgedrehten Animationen erschaffen, bei dem sich der gute Mario ruhig mal eine Scheibe abschneiden könnte.

Im Grossen und Ganzen geht es bei Rayman Origins (ganz wie im Erstlingswerk von 1995) darum, die wuselnden Electoons aus den Fängen der garstigen Unterwelt Wesen zu befreien und bei der Hatz durch die Levels möglichst viele Items einzusammeln, um neue spielbare Charaktere freizuschalten und so euer Weiterkommen zu sichern. In einigen Spielabschnitten warten auch dralle Feen darauf, von euch in die Freiheit entlassen zu werden. Prompt bedankten die sich mit neuen Fähigkeiten (wie zum Beispiel neue Nahkampfattacken) bei euch, die ihr dann in bereits absolvierten Spielabschnitten einsetzen könnt, um versteckte Bereiche zu erkunden. Nicht wirklich originell, aber immerhin ein guter Anreiz, um den Spieler auch langfristig zu motivieren.

Die über 60 Levels sind abwechslungsreich gestaltet. Jungel-Abschnitte, Eiswelten, Wüsten-Landschaften und die obligatorischen Unterwasser Levels warten auf den Spieler. Aufgelockert wird das Spielgeschehen durch horizontal scrollende Baller-Einlagen, die ihr auf dem Rücken eines sichtlich genervten Moskitos absolvieren müsst. Auch beim Design der Gegner hat sich Ubisoft einiges einfallen lassen. Einäugige Stachel-Wesen und abstruse Unterwelt-Monster warten nur darauf, euch das Leben schwer zu machen. Abgerundet wird das Ganze durch knifflige Obermotze, die am Ende eines Spielabschnitts auf euch warten und mit der richtigen Taktik bezwungen werden wollen.

Musikalisch hat sich Ubisoft ebenfalls ins Zeug gelegt und ein paar flotte Melodien komponiert, die je nach Spielgeschehen mal schräg, mal zurückhaltend daherkommen. Die Electoons beispielsweise singen nach ihrer Befreiung quäkend mit, sobald ihr ihren engen Käfig zerstört habt. Der Soundtrack trägt auf jedem Fall zur gelungenen Atmosphäre dieses Titels bei und ihr dürftet euch einige Male dabei ertappen, fröhlich mitzupfeifen.

Fazit: Die Parallen zu New Super Mario Bros. auf der Wii lassen sich nur schwer leugnen. Vor allem im Multiplayer-Modus (neue Spieler können jederzeit dazu stossen) wird schnell klar, dass sich Ubisoft bei Nintendos Vorzeige Hüpfspiel doch einiges abgeschaut hat. Diese Tatsache tritt allerdings schnell in den Hintergrund, sobald man die detailreiche 2D Grafik bewundert, die euch auch nach mehrstündigen Zock-Sessions immer noch in ihren Bann ziehen wird. Aber auch spielerisch kann Raymann Origins überzeugen. Vor allem im Single-Player Modus kommt man dank der intelligent platzierten Trampoline und den schwingenden Lianen oft in einen derartigen “Flow”, dass man einfach weiterspielen muss und sei es bloss deshalb, um den nächsten Spielabschnitt zu sehen. Der Schwierigkeitsgrad, der gerade am Anfang noch sehr einsteigerfreundlich daherkommt, steigert sich im Verlauf des Spiels stetig und flüssige Passagen, wechseln sich mit kniffligen Geschicklichkeits-Abschnitten ab. Ubisoft hat hier wirklich ein stilsicheres Plattform-Spiel abgeliefert, welches das Genre zwar nicht neu erfindet, angesichts seiner Ausgewogenheit und Präsentation (gerade auf der Xbox 360 und der PS3) aber seines Gleichen sucht. Abzüge gibts nur für den fehlenden Online Modus und die Tatsache, dass sich die freigespielten Charaktere in ihren individuellen Fähigkeiten so gut wie nicht unterscheiden. Zieh dich warm an Mario. Hier kommt Rayman!

Das Testmuster zu Rayman Origins wurde Retro Videogames freundlicherweise von Ubisoft zur Verfügung gestellt. Eine Einflussnahme auf die Bewertung des Spiels durch den Sponsor wurde nicht vorgenommen und jegliche Kommentare spiegeln ausschließlich die Meinung des Autors wider.

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