Adventure News-Artikel

Neuer Spieletest: Return to Monkey Island

Über 30 Jahre nach der Veröffentlichung von Monkey Island 2 haben die alten Lucasfilm-Recken Ron Gilbert und Dave Grossman tatsächlich noch mal die Gelegenheit bekommen, ihren ganz persönlichen dritten Teil der Serie zu realisieren. Wie ihr vielleicht noch wisst, stiegen die beiden damals vor der Veröffentlichung der ursprünglichen dritten Episode “The Curse of Monkey Island” aus und widmeten sich anderen Projekten. Somit ist es nur konsequent, dass der hier besprochene „neue“ dritte Teil “Return to Monkey Island” genau da anfängt, wo Teil 2 aufgehört hat, nämlich auf einem Jahrmarkt mit dem kleinen Guybrush Threepwood (bzw. seinem Sohn) und Chuckie, der jüngeren Version seines Erzrivalen LeChuck.

Monkey, was?

Komplette Monkey-Island-Neulinge dürften bereits jetzt verdutzt mit den Achseln zucken und damit kommen wir auch schon zur ersten “kleinen” Herausforderung dieses neuen Point-and-Click-Adventures. Ohne die Kenntnis der vorherigen Episoden werdet ihr bestimmt nur halb so viel Spaß an der Piraten-Persiflage haben, wie Monkey-Island-Veteranen, die vielleicht auch noch den vierten Teil oder die erst später erschienen Telltale-Abenteuer (hierbei handelt es sich eigentlich eher um Visual Novels) gespielt haben.

Aber keine Angst, ihr könnt der Handlung natürlich zu jedem Zeitpunkt folgen aber euch entgehen eben die zahlreichen Anspielungen auf die Vorgänger und die Wiedersehensfreude mit liebgewonnenen Charakteren, wie Wally dem Kartopgraphen oder Stan, dem wild gestikulierenden Verkäufer. Da ich aber davon ausgehe, dass die Wenigsten mit dem (zweiten) dritten Teil einer Spieleserie einsteigen, setze ich im weiteren Verlaufs meines Reviews etwas Vorwissen voraus. Wer trotzdem direkt mit Teil 3 starten möchte oder sich einfach nicht mehr an alle Einzelheiten der Vorgänger erinnert, bekommt im Optionsmenü des Spiels netterweise die Handlung der vorangegangenen Teile als kleine Zusammenfassung präsentiert. Klickt hierzu einfach auf das “Sammelalbum”.

Alles beim Alten?

Die Handlung von Return to Monkey Island ist schnell umrissen: Der tollpatschige Pirat Guybrush Threepwood schnappt sich nach einem kurzen Tutorial, in dem euch die Spielmechanik erläutert wird, seinen Sohn und erzählt ihm die abenteuerliche Geschichte, wie er sich einst auf die Suche nach dem sagenumwobenen Geheimnis von Monkey Island gemacht hat. In mehreren Rückblenden spielt ihr euch so durch die einzelnen Kapitel.

Die Suche startet direkt auf Melee Island, also dem Schauplatz des ersten Teils der Serie. Veteranen dürften sich hier schnell zu Hause fühlen, auch wenn das kleine Küstendorf mittlerweile einen etwas heruntergekommenen Eindruck macht. Das werdet ihr spätestens dann feststellen, sobald ihr die Scumm Bar betretet. Die damals noch regierenden Piraten-Kapitäne mussten ihre Plätze im hinteren Bereich der Kaschemme räumen und wurden durch drei ziemlich diverse Pirat*innen ersetzt. Diese bleiben auch relativ unbeeindruckt, als ihr sie um Unterstützung bei der Finanzierung eurer Suchaktion bittet. Ein Schiff oder gar eine Crew bekommt ihr hier schon mal nicht. So macht sich Guybrush wohl oder übel auf eigene Faust auf die Suche nach dem großen Geheimnis von Monkey Island und das eigentliche Abenteuer beginnt.

Pixel-Look ade

Wer auf eine Neuauflage in gewohnter Pixel-Optik gehofft hat, wurde bereits im Ankündigungstrailer herb enttäuscht. Der neue Grafikstil, mit seinen kantigen Gesichtern und den eigenwilligen Proportionen ist nicht jedermans Sache. Sieht man das Spiel aber in Aktion, dürfte dieses Manko recht schnell vergessen sein. Die Animationen sind flüssig und Details, wie atmosphärischer Nebel oder im Wind wehenden Fackeln lassen die Welt von Monkey Island lebendig wirken. Mich hat die Grafik zumindest nach wenigen Minuten überhaupt nicht mehr gestört, eher im Gegenteil. Auch die musikalische Untermalung ist ganz hervorragend gelungen. Die aus den Vorgängern bekannten Melodien wurden neu arrangiert und durch Musiker mit “echten” Instrumenten eingespielt. Zusammen mit der einfachen Maus-Steuerung (jeweils ein Knopf für anschauen und interagieren) und den durchwegs logischen Rätseln stellt sich sehr schnell wieder das gute alte Monkey-Island-Feeling ein.

Ein paar Neuerungen müssen schon sein

Wo wir gerade von den Rätseln sprechen, ich meine, die machen ein gutes Adventure ja aus, so haben sich Ron Gilbert und seine Spieldesigner wieder einiges einfallen lassen. Genau wie im zweiten Teil der Serie könnt ihr euch gleich zu Beginn des Spiels entscheiden, ob ihr die einfache oder die schwierige Variante spielen möchtet. Im einfachen Modus wurden viele Kopfnüsse etwas abgemildert und ihr kommt wesentlich direkter ans Ziel. Hier geht es eigentlich eher darum, der Story zu folgen und mit den Rätseln nicht allzu lange beschäftigt zu sein.

Profis entscheiden sich aber natürlich für den höheren Schwierigkeitsgrad und hier dürfte euch der Kopf recht schnell rauchen. Habt ihr es im ersten Kapitel noch mit recht simplen Aufgaben, à la “Suche den richtigen Baum zur Herstellung eines Mopps” zu tun, so werdet ihr im Verlauf des Spiels immer mal wieder auf dem Schlauch stehen und nicht direkt wissen, was jetzt zu tun ist, um weiter zu kommen. Zum Glück bietet euch das Spiel hier einige Hilfestellungen, die ihr jederzeit annehmen könnt aber natürlich nicht müsst.

Im Inventar findet ihr beispielsweise ein Hinweisbuch, das euch nützliche Tipps zu anstehenden Rätseln gibt. Die Hinweise gehen dabei stufenweise, von vagen Andeutungen, bis hin zur direkten Lösung. Dauerhaft hängenbleiben sollte also niemand.  Wer, ganz wie in den alten Tagen, stundenlang auf den Kopfnüssen herumdenken möchte, kann dies aber natürlich jederzeit tun. Diese Funktion ist wie gesagt optional und kein Muss. Für Gelegenheitsspieler, die Return to Monkey Island nicht an einem Wochenende am Stück durchsuchten möchten, gibt es zudem eine To-Do-Liste mit den anstehenden Aufgaben und jeweils eine hilfreiche Zusammenfassungen von Guybrush zum bisherigen Spielgeschehen, sobald ihr wieder beim letzten Speicherpunkt startet.

Fazit: Kommen wir gleich zur alles entscheidenden Frage: Hat mich “Return to Monkey Island” genau so fasziniert, wie die vorangegangenen Teile von 1990 bzw. 1991. Wohl kaum, aber das habe ich ehrlichgesagt auch nicht erwartet. Die ersten beiden Episoden waren in ihrer Machart so frisch und unterhaltsam, dass ich mich damals als junger Gamer direkt in die Serie verliebt habe. Das Internet mit seinen Komplettlösungen gab es noch nicht und so musste man sich täglich mit seinen Schulkameraden austauschen, um gemeinsam auf die Lösung der Rätsel zu kommen. Das Genre der Point-and-Click-Adventures befand sich zu dieser Zeit auf dem Höhepunkt seiner Popularität und jeder, der einen PC oder Amiga besaß, musste einfach Monkey Island gespielt haben. Hinzu kommt sicherlich der unschlagbare Nostalgie-Bonus. Aber ist die Fortsetzung von Ron Gilbert und Dave Grossman somit eine Enttäuschung? Absolut nicht! Return to Monkey Island ist das beste Adventure, das ich seit vielen Jahren gespielt habe. Der serientypische Humor und die witzigen Dialoge mit den schrulligen Charakteren der Piratenwelt sind herausragend und haben mich einige Male laut zum Lachen gebracht. Auch die im Vergleich zum zweiten Teil etwas leichteren Rätsel und die genannten Spielhilfen kamen mir sehr entgegen, da mein Geduldsfaden mittlerweile doch wesentlich schneller reißt, als noch vor 30 Jahren. Die englische Vertonung der Dialoge mit seinen bekannten Sprechern ist hervorragend gelungen, auch wenn diesmal leider auf eine deutsche Variante verzichtet wurde. Immerhin wurde der Text im gesamten Spiel gut übersetzt (auch ohne die Unterstützung von Boris Schneider). Trotzdem bleibt das eine oder andere Wortspiel aufgrund der Sprachbarriere leider auf der Strecke. Auch die obligatorischen Labyrinth-Einlagen, im Stile von “Biege an der blauen Blume rechts ab” hätte man sich meiner Ansicht nach gerne sparen können. Diese spielzeitstreckenden Passagen haben mich auch in den alten Teilen schon immer genervt. Abschließend kann ich “Return to Monkey Island” aber jedem empfehlen, der etwas mit dem Genre anfangen kann. Ein besseres Point-and-Click-Abenteuer werdet ihr zur Zeit nicht finden. Update vom 13.11.2022: Unsere Gebete wurden erhört! Die Entwickler haben mittlerweile eine komplett deutsche Synchro nachgepatcht (und eine Gute noch dazu). Hier gibt´s also nichts mehr zu meckern 🙂

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