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Neuer Spieletest – Gauntlet

Mitte der 80er Jahre sorgte Atari mit dem Multiplayer-Spiel Gauntlet für lange Schlangen in den Spielhallen. Ed Logg und Roger Zeigler, die Köpfe hinter dem Action-Rollenspiel, hatten die Vision, ein ähnliches Spielerlebnis wie im Pen-and-Paper-Klassiker Dungeon & Dragons zu kreieren, nur eben mit stärkerem Fokus auf die Kämpfe. Allerdings verlief die Entwicklung des Erstlings schleppend und zog sich bis 1985. Der Erfolg gab den Machern allerdings Recht und von Gauntlet erschienen seitdem unzählige Nachfolger und Umsetzungen für etliche Systeme.

Heute soll es ausnahmsweise aber mal nicht im das Original gehen, sondern um Gauntlet: Slayer Edition, den 2015 erschienenen Ableger für die PS4.

 

Alles beim Alten?

Das Spielprinzip von Gauntlet ist seit dem Erstling in der Spielhalle (1985) gleichermaßen simpel, wie süchtigmachend. Ihr schnetzelt euch in bester Hack-and-Slay-Manier, entweder als Zauberer, Krieger, Walküre oder Elf, durch ein weit verzweigtes Dungeon und lasst dabei so viel Monsterblut fließen, wie möglich. Ziel war und ist es, irgendwann den Ausgang des Labyrinths zu finden und möglichst nicht den Löffel abzugeben. Dabei „respawnen“ die Monster solange, bis man das jeweilige Monsternest zerstört hat. Das Besondere an diesem Urvater aller Dungeon Crawler war, dass erstmals in einem Action-Rollenspiel vier Spieler gleichzeitig zusammen in die Schlacht ziehen konnten.

Gauntlet mauserte sich in den darauffolgenden Jahren und Jahrzehnten zu einer beliebten Spielereihe, die schnell Ableger für Heimcomputer und Konsolen fand und dabei seinem simplen Spielprinzip stets treu blieb. Mit Gauntlet: Seven Sorrows für die PS2 und die Xbox (2005) schien es dann allerdings so, als ob allmählich die Luft aus der Serie raus sei. Es sollte bis 2014 dauern, bis die Reihe mit Gauntlet Arrowhead ein fulminantes Comeback feierte (erschien für PC,  Linux und die PS4). Ein Jahr später erschien dann mit der Slayer Edition die überarbeitete Version des Remakes, die ich heute näher beleuchten möchte.  

Epische Helden = Epische Geschichten?

Wie bei vielen Hack-and-Slays beschränkt sich die Story des Spiels auf das übliche „Gut gegen Böse“-Prinzip, wobei ihr selbstverständlich den Part der „Guten“ übernehmt. Viele Abenteurer haben sich mit der Aussicht auf Gold und Schätze in´s düstere Gauntlet gewagt, doch bisher kam keiner lebend zurück. Man munkelt, dass der korrupte Zauberer Morak den tapferen Abenteurern einen Strich durch die Rechnung machte. Nun ist es an der Zeit, dass ihm endlich das Handwerk gelegt wird! Aufgelockert wird diese kaum an Banalität zu überbietende Story durch launige Sprüche eurer Charaktere im Laufe des Spiels. So ruft beispielsweise der Zauberer Merlin, wenn es auf dem Bildschirm brenzlig wird: „Wo ist der Absinth, wenn man ihn braucht?“ Tiefgründiger wird´s dann aber nicht mehr.

Welche Herausforderung darf‘s sein?

Ihr betrachtet das Geschehen jederzeit von oben. Diese Perspektive teilt ihr euch auch dann, wenn ihr mit Freunden zusammen spielt, weshalb ihr euch unbedingt absprechen solltet, zu welchem Zeitpunkt ihr weiterziehen wollt. Unkoordiniertes Vorgehen kann im Kampfgetümmel ansonsten für das ein oder andere Ableben zur Folge haben.

Mit der Slayer Edition bietet Gauntlet zahlreiche zusätzliche Features, die euch vor unterschiedliche Herausforderungen stellen. Das Tolle daran: Völlig egal, welchen Spielmodi ihr zocken wollt, ihr könnt jederzeit mit Freunden (lokal oder online) in die Schlacht ziehen. Zu Spielbeginn müsst ihr euch zwischen Kampagne, Kolosseum- oder Endlos-Modus entscheiden. In der Kampagne schnetzelt ihr euch durch verwinkelte Verliese oder feurige Lava-Landschaften bis hin zum Oberbösewicht Morak. Auf dem Weg stolpert ihr über Rätseleinlagen, die allerdings simpler nicht hätten ausfallen können. Hin und wieder begegnen euch diverse Bossgegner, die allesamt keine allzu große Herausforderung darstellen. Die Story plätschert seicht vor sich hin und wirkt sehr beiläufig.

Im Kolosseum-Modus werdet ihr jeweils in drei Stufen (Gegnerwellen) mit Monstern konfrontiert. Ziel ist es, jede Gegnerhorde in möglichst kurzer Zeit komplett niederzumetzeln. Schafft ihr das, winken zur Belohnung 10.000 Goldmünzen und ein Umhang, der leider rein kosmetischer Natur ist. Die Settings und Gegner, mit denen ihr in den Stufen fertig werden müsst, ändern sich dabei ständig. Fehlt nur noch der Endlos-Modus, mit dem ihr wahrscheinlich am meisten Zeit verbringen werdet, sofern ihr mit der Gauntlet-Spielmechanik etwas anfangen könnt. Diese Spielvariante bildet, zumindest meiner Meinung nach, das Herzstück der Slayer Edition. Deshalb möchte ich auf diese  Variante etwas näher eingehen.

Alles meins, meins, meins!

Im endlosen Spielmodus geht es darum, möglichst viele (zufällig generierte) Abschnitte erfolgreich zu absolvieren, bevor ihr das Zeitliche segnet. Es ist nicht möglich, die Waffen und Fähigkeiten nach dem Start zu ändern, was den Schwierigkeitsgrad stetig in die Höhe treibt. Glücklicherweise schaltet ihr nach einer bestimmten Anzahl am Stück gemeisterter Level die Fähigkeit der Teleportation frei, sodass ihr beim nächsten Versuch nicht mehr ganz von vorne anfangen müsst. Zu Beginn des Spiels besitzt ihr zwei Schädelmünzen aka Continues. Diese Münzen sorgen dafür, dass ihr nach einem Ableben zurückkommen könnt. Killt ihr eine bestimmte Anzahl Monster, könnt ihr euch außerdem weitere Continues dazuverdienen. Das hat nur einen Haken, denn ihr teilt diese mit euren Mitspielern.

In der Regel empfiehlt es nichtsdestotrotz, in der Gruppe loszuziehen. Trotzdem solltet ihr folgendes bedenken: Einerseits vermehrt sich, je nachdem, wie viele Personen mitspielen, die Anzahl der Gegner auf dem Bildschirm und anderseits hat nicht jeder sein eigenes Loot, wie bei beispielsweise beim artverwandten Diablo. Genaugenommen dreht sich in Gauntlet alles um die Belohnungen und die werden nicht automatisch aufgeteilt. Wer zuerst zum Gold rennt, hat es sich in die eigene Tasche stopft, darf es behalten. Langsamere oder weniger gierige Naturen gehen indes leer aus. Teamwork hört sich daher leichter an, als es ist, denn jeder von euch braucht das Gold, um weitere Zauber- und Waffenfähigkeiten, sowie Rüstungen freizuschalten. Eine rollenspielübliche Charakterentwicklung, die auf Erfahrungspunkte basiert, gibt es in Gauntlet leider nicht.

Eine weitere Art der Belohnung für besiegte Gegner sind energiefüllende Leckereien wie Schweinshaxen, die ihr vereinzelt in den niedrigen Leveln bekommt. Gerade diese Goodies solltet ihr demjenigen überlassen, der sie am dringendsten benötigt, um als Gruppe erfolgreich weiter zu kommen. Ihr solltet also eure Gier, im Namen des Teams, etwas zurückschrauben. Dasselbe Problem werdet ihr mit Zaubertränken haben, die ebenfalls rar im Spiel verteilt sind und Spezialattacken aktivieren. All das führt im Multiplayer-Modus häufig zu Zankereien, was auch mal frustrieren kann. Für mich ist allerdings gerade diese Spielkomponente das Salz in der Suppe und auf der Couch entbrennen schon mal hitzige Wortgefechte mit euren Mitspielern.

Mit Elfen, Zauberern, Walküren und Kriegern in die Schlacht

Mit dem verdienten Gold lassen sich diverse Fähigkeiten und Skills freischalten, die sich dabei in drei Stufen upgraden lassen. Ihr wählt frei zwischen Relikten, Waffen und Talismanen, die euch das Überleben im Spiel einfacher machen sollen. Hier kommt es ganz darauf an, welche Skills eurem persönlichen Spielstil entgegen kommen: Es gibt nicht die Waffe oder den Talisman. Einige präferieren defensive Skills, die sie vor Gegnern kurzzeitig schützen oder unverwundbar machen, andere richten mit ihren Waffen lieber mehr Schaden an. Für was ihr euch entscheidet, bleibt ganz euch überlassen. Des Weiteren hat jeder Held eigene Spezialfähigkeiten: Während der Elf beispielsweise aus der Distanz agiert, stürmt der Krieger am liebsten mit Karacho in´s Getümmel und richtet entsprechend viel Schaden an.

Alles im Griff

Jede der vier Charakterklassen steuert sich völlig unterschiedlich. Plumpes Button-Gehämmere führt glücklicherweise bei keinem der Helden zum Ziel. Besonders beim Magier muss man sich aber daran gewöhnen, dass jeder Button für ein bestimmtes Element steht, das ihr wiederum mit einem Anderem kombinieren müsst, um einen gezielten Zauber auszuführen. Ihr müsst also bestimmte Tastenkombinationen schnell nacheinander drücken, um zu attackieren oder einen Angriff abzuwehren. Das erfordert Übung und eine taktische Vorgehensweise.

Künstlerisch wertvoll

Die optische Präsentation von Gauntlet würde ich als durchschnittlich beschreiben. Hin und wieder sieht das Game durchaus hübsch aus und auch nette Details lassen sich bei näherer Betrachtung ausmachen. Dennoch aber merkt man, dass dem Design der letzte Schliff fehlt, um sich von der Masse ähnlicher Spiele abzuheben. Dies gilt leider auch für den Soundtrack, der nett vor sich hinplätschert aber nicht sonderlich auf sich aufmerksam macht. Einen Ohrwurm dürft ihr also nicht erwarten.

Fazit: Mir wird immer warm ums Herz, wenn ich an Gauntlet auf dem NES denke, das ich als Kind rauf und runter gespielt habe. Umso mehr habe ich mich über das Remake des Klassikers gefreut. Dabei rechne ich es den Entwicklern von Arrowhead hoch an, dass an dem ursprünglichen Spielprinzip nichts Grundlegendes geändert wurde und lediglich Details verbessert wurden. Da ich für mein Leben gern RPGs zocke, hätte ich mir zwar ein modernes Skillsystem, basierend auf Erfahrungspunkten gewünscht, muss aber zugeben, dass das dem eigentlichen Spielprinzip von Gauntlet widersprochen hätte. Gauntlet, das bedeutet für mich schlicht mit Freunden auf der Couch abzuhängen, Monsternester zu zerstören und bis zum Ende des Dungeons zu überleben. Das ist gerade aufgrund seiner Schlichtheit ein todsicherer Spaß. Regelrecht genial finde ich die Idee, jeden Charakter ganz unterschiedlich steuern zu können. Besonders hat es mir hier der Magier angetan. Anfangs habe ich den Fokus auf seine Blitzmagie gelegt, um später festzustellen, dass die Feuerzauber doch mehr reinhauen. Am Ende bin ich dann aber bei der Dunkelmagie gelandet. Der Experimentierfreude sind fast keine Grenzen gesetzt. Der Nachteil des eher simplen Vergnügens ist allerdings, dass sich der Wiederspielwert, hat man erst einmal ein paar Stunden mit Gauntlet verbracht, in Grenzen hält. Nichtsdestotrotz bereitet es mir unglaublich viel Spaß, mich hin und wieder mit Freunden um Goldstücke zu kloppen und durch die Dungeons zu heizen.

 

 

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