Zuallererst würde mich interessieren, was deine bis heute anhaltende Liebe für Videospiele ausgelöst hat. Kannst Du dich noch an dein erstes Spiel bzw. deine erste Konsole erinnern?
SE: Mein erstes Spiel war wohl H.E.R.O. auf dem Atari VCS. Meine Eltern hatten mir und meinem Bruder die Konsole gekauft und sie wurde natürlich gleich an den Fernseher im Wohnzimmer angeschlossen. Für uns war diese Erfahrung damals etwas völlig Neues – Figuren auf dem TV-Gerät mit einem Joystick steuern, direktes Feedback zu bekommen, und es war auch noch sehr herausfordernd! Beim Verlust des letzten Lebens war der Ärger natürlich immer sehr groß.
Was kam danach? Wie verlief deine frühkindliche „Videospielerziehung“?
SE: Auf dem Atari VCS kamen dann noch solche Klassiker wie Pitfall 2, Decathlon und Pac Man dazu. In den folgenden Jahren spielte ich bei Freunden dann mit großer Faszination auf dem C64. Hier erinnere ich mich noch am besten an Test Drive und an die Last Ninja-Reihe. Einige Spiele hatten wir sogar noch auf Datasette! Unglaublich, wie lange wir damals auf die fertig geladenen Levels warten mussten. Später durfte ich dann tatsächlich einen gebrauchten Amiga 500 anschaffen und ich muss sagen, der Amiga hat meine Kindheit wirklich geprägt. Ich wuchs mit Klassikern wie Lemmings, Battle Isle, Turrican 2, der Lotus-Trilogie und Die Siedler auf. Wirklich tolle Spiele!
Auf deiner Webseite Kultpower.de gibt es tausende Scans von alten Spielezeitschriften. Magazine müssen es dir also ganz besonders angetan haben. Weißt du noch, mit welchem Heft deine Faszination damals begonnen hat?
SE: Mein allererstes Heft war die Power Play 12/1990. Ich sehe das Powermonger-Titelbild noch heute genau vor mir. Ab diesem Zeitpunkt begann die Zeit, in der ich jeden Monat zum Bahnhofsbuchhandel fuhr, denn dort gab es die neue Power Play nicht selten ein paar Tage vor dem offiziellen Erscheinungstermin!
Viele können es sich nur schwer vorstellen, aber bis Ende der 90er-Jahre waren Zeitschriften quasi die einzige Quelle, um sich über Neuerscheinungen zu informieren. Welche Spielemagazine hast du damals regelmäßig gelesen und was hat dir an ihnen besonders gefallen?
SE: Wie gesagt war ich vom Anfang meiner “Zeitschriften-Karriere” an ein begeisterter Power Play-Leser. Die Redakteure von damals waren absolute Respektpersonen für mich. Einige Schulkameraden lasen auch die ASM und wir tauschten uns regelmäßig in der Schule über die neuesten Meldungen und Testberichte aus. Als dann 1991 die Video Games als reines Konsolen-Magazin erschien, war ich ihr sofort verfallen. Zu der Zeit besaß ich bereits ein Mega Drive und ein Super Nintendo, später dann auch einen Game Boy und einen Lynx von Atari – da war die Video Games die perfekte Quelle für hochqualitative aktuelle Informationen zu Konsolen und Games.
Spielejournalisten waren damals die Meinungsmacher Nummer Eins. Ein negativer Test hatte zumeist direkte Auswirkungen auf die Verkaufszahlen der Games. Hattest du favorisierte Schreiberlinge, deren Urteil du blind vertraut hast?
SE: Für mich waren eigentlich alle Redakteure von Power Play und Video Games vertrauenswürdig. Bis heute sind es die bekannten Namen, angefangen bei Heinrich Lenhardt und Boris Schneider-Johne, über Michael Hengst, Anatol Locker und Winnie Forster, die mir besonders im Gedächtnis geblieben sind. Zu meinem großen Glück durfte ich sie mittlerweile fast alle persönlich kennenlernen. Kultpower.de ist auch ihnen aufgefallen, was mir im September 2010 zu einem Gastauftritt im Spieleveteranen-Podcast verhalf. Das war wirklich ein tolles Erlebnis!
Zurück zu deiner Webseite. Findest du neben Familie und Job heute noch die Zeit, neue (alte) Zeitschriften hochzuladen oder hast du mit dem arbeitsintensiven Einscannen endgültig abgeschlossen? Schließlich gibt es Kultpower.de schon seit 2001.
SE: In der Tat scanne ich seit einigen Jahren so gut wie nichts mehr ein, da Familie (unsere Kinder sind heute 9 und 11 Jahre alt) und Beruf logischerweise mehr Platz in meinem Leben einnehmen, als zur Anfangszeit von Kultpower.de, in der ich noch Student war. Aber das ist nicht der einzige Grund weshalb man auf Kultpower.de immer seltener neue Scans findet. Mittlerweile gibt es zum einen einige andere Orte im Internet, auf denen man alte Zeitschriften finden kann. Es macht also immer weniger Spaß, wenn man nur einer von vielen ist. Zum anderen habe ich vor einigen Monaten damit begonnen, die Web-Darstellung von Kultpower.de komplett zu überarbeiten, denn heutzutage gibt es ja ganz andere Anforderungen als noch vor einigen Jahren. Hast du dir die Seite beispielsweise mal auf deinem Smartphone angeschaut? Das geht eigentlich gar nicht. Daher möchte ich langfristig auf der Seite eine neue Version von Kultpower.de entwickeln. Außerdem arbeite ich seit einigen Jahren an einem anderen Projekt: Auf www.oregami.org möchten wir eine komplett offene Datenbank für sämtliche Informationen über Computer- und Videospiele erschaffen. Das ist aus meiner Sicht noch zukunftsträchtiger als meine Heft-Scans bei Kultpower.de. Hier wird sich in den nächsten Monaten / Jahren noch einiges tun
So oder so wünsche ich dir einen langen Atem, damit dein Heftarchiv noch lange bestehen bleibt. Kann man dir eigentlich auch eingescannte Zeitschriften schicken und wenn ja, auf was sollte man dabei achten?
SE: Klar, kann man! Viel zu beachten gibt es dabei eigentlich nicht, außer natürlich, dass die Scans “gescheit” aussehen sollten. Und man sollte die Scans selber angefertigt haben, denn Scans von anderen Leuten zu “klauen” liegt mir natürlich fern. Wer mich diesbezüglich kontaktieren möchte, erreicht mich über gene@kultpower.de
Abschließend noch eine Frage zu deinem aktuellen Spielverhalten. Zockst du noch aktiv und falls ja, sind das dann eher aktuelle Games oder bleibst du doch lieber bei den Klassikern?
SE: Ich muss dich leider enttäuschen, denn ich bin schon länger kein aktiver Zocker mehr. Nach meiner Amiga-Zeit und den klassischen Konsolen von Sega und Nintendo habe ich das Spielen von aktuellen Games quasi aufgegeben. Heute spiele ich höchstens nochmal was gemeinsam mit meinen Kindern auf der XBox 360 oder halt ein Retro-Abend mit Freunden. Dafür wird dann auch gerne der Amiga reaktiviert 😉